Südpazifik, Osttimor, Oktober/November 2023

Nach einem längeren Unterbruch durch Covid konnte wieder ein Einsatz im Südpazifik durchgeführt werden. Dabei wurden zwei Ziele verfolgt: Zum einen ging es um eine Visitation der beiden PIOA (Pacific Islands Orthopaedic Association) Trainees Juvencio Diaz und Jûlio Martins. Zum anderen ging es um die Evaluation weiterer Einsätze in Osttimor in der Zukunft.

Zum Land: Osttimor ist ein kleiner Inselstaat in Südostasien, der eine gemeinsame Landgrenze mit Indonesien hat. Nach 450 Jahren wurde das Land 1975 aus der portugiesischen Kolonialherrschaft entlassen und gleich darauf durch Indonesien besetzt. Im 24 jährigen Unabhängigkeitskrieg wurden 200'000 Menschen getötet, es folgten drei Jahre Verwaltung durch die Vereinten Nationen und 2002 dann die offizielle Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Osttimor.

Zum Spital: Das Hospital National Guido Valarades in der Hauptstadt Dili ist das grösste Spital des Landes mit einem Einzugsgebiet von 1.2 Millionen Menschen. Die Bettenzahl wird derzeit mit 320 angegeben. Davon entfallen 80 für die Chirurgie, die Hälfte davon für die Unflallchirurgie. 

Zum Einsatz: Bei unserer Ankunft wurden wir am Flughafen freundlich von den Zollbeamten begrüsst und die Kosten für das Visum wurden uns erlassen. Wir besuchten an diesem Sonntag das Spital und waren überrascht über die Infrastruktur wie CT und MRI, merkten aber schnell, dass das unfallchirurgische Knowhow eher noch in den Kinderschuhen steckt und altgediente Behandlungsmethoden wie Traktionsbehandlungen leider kaum mehr bekannt sind. Die Information vor dem Einsatz war leider sehr dürftig.

Am ersten Arbeitstag übergaben wir unseren Kollegen das mitgebrachte Fixateur Externe Material. Danach versuchten wir uns einen Überblick zu verschaffen, was alles im OP vorhanden ist. Leider mussten wir feststellen, dass weder das OP Personal noch die Chirurgen eine Ahnung haben, was an Instrumentarien und Implantaten vorhanden ist. Also haben wir die ersten zwei Tage Platten, Schrauben und Instrumente sortiert und versucht, etwas Ordnung in dass Chaos zu bringen.

Ansonsten sahen unsere Arbeitstage wie folgt aus: Morgens um 0800 Uhr trafen wir Juvencio und Jûlio zur täglichen Visite auf der Station. Dort besprachen wir die Neueitritte, legten Behandlungspläne fest und visitierten die unfallchirurgischen Patienten auf den Abteilungen. Ausserdem versuchten wir die traditionelle konservative Frakturbehandlung mittels Traktion wieder einzuführen. Danach ging es entweder in den Operationssaal oder in die Sprechstunde.

Jeder zu operierende Patient wurde ausführlich besprochen. Das ging von den präoperativen Abklärungen über die Lagerung, die geplanten Implantate, die Zugänge bis hin zu mindestens einem Ersatzplan.

Wir konnten zahlreiche primäre Frakturversorgungen mit Platten, vor allem an der unteren Extremität, durchführen. Leider ist kein einsatzbereites Nagelsystem oder System für hüftnahe Frakturen verfügbar. Etwa die Hälfte der Eingriffe waren Revisionen nach Implantatversagen oder Infektionen.

Die Möglichkeit weiterer Besuche wurde ausführlich diskutiert. Unsere beiden Trainees brauchen sicherlich noch mehr Unterstützung in diesem schwierigen Umfeld. Ebenso braucht es aber klare Strukturen und Verbindlichkeiten seitens unserer Trainees. Ein Massnahmenkatalog wurde erarbeitet. Falls diese Bedingungen im Laufe des nächsten Jahres erfüllt werden, sind weitere Einsätze in Osttimor sicher sinnvoll und für unser Team vorstellbar.

Martin Walliser & Philipp Stillhard